Karl I., der Große: Kaiserkrönung

Karl I., der Große: Kaiserkrönung
Karl I., der Große: Kaiserkrönung
 
Den Anstoß zur Begründung des Kaisertums Karls des Großen gaben innerrömische Wirren, die den Frankenkönig zum Eingreifen zwangen: Papst Leo III. wurde 799 von einer Adelsopposition in Rom abgesetzt, doch er floh zu Karl nach Paderborn und erbat seinen Schutz. Aber auch Leos Gegner wandten sich an den König, sodass dieser in eine schwierige Lage geriet: Durfte er als Patricius Romanorum in dem Konflikt entscheiden, obwohl der daran beteiligte Papst keiner weltlichen Gerichtsbarkeit unterlag? Da Byzanz als Ordnungsmacht in Italien längst ausgefallen war und zudem Kaiserin Irene, die ihren eigenen Sohn beseitigt hatte, im Westen nicht als rechtmäßige Herrscherin galt, dürfte der Gedanke an ein neues Kaisertum nahe gelegen haben, aber wann er sich zu einem konkreten Plan verdichtete, lässt sich nicht entscheiden.
 
Im Herbst 800 reiste Karl nach Rom. Nachdem sich der Papst durch einen Reinigungseid von den Anklagen seiner Gegner befreit hatte, setzte er Karl während des Weihnachtsgottesdienstes in der Basilika von Sankt Peter eine Krone auf und erwies ihm nach römisch-byzantinischem Brauch die Proskynese (Kniefall), während das anwesende römische Volk durch Akklamation (Zuruf) den Krönungsakt bestätigte. Damit wurde bewusst an die römische Tradition angeknüpft (»renovatio imperii«), die Karl jedoch in einem christlich-universalen Sinne verstand.
 
Der fränkische Adlige Einhard, Lehrer an der Hofschule in Aachen, hat in seinem Werk über das Leben Karls des Großen, »Vita Caroli Magni« - es ist die erste überlieferte Biografie eines mittelalterlichen Herrschers -, die Krönungsszene beschrieben und dazu bemerkt, Karl hätte die Kirche nicht betreten, wenn er gewusst hätte, was Papst Leo beabsichtigte. Hierüber sind viele Vermutungen angestellt worden. Die einleuchtendste Interpretation ist wohl die, dass Karl die zentrale Rolle, die sich der Papst selbst bei der Krönung zugewiesen hatte, und das Auftreten der Römer als »Reichsvolk« nicht akzeptieren wollte.
 
Nach der Kaiserkrönung kehrte Karl ins Frankenreich zurück. Der Titel »Imperator« musste auf den Widerstand des byzantinischen Kaisers treffen, der sich als einziger legitimer Kaiser verstand. Karl betonte hingegen stets seine Ranggleichheit mit dem byzantinischen Kaiser, mit dem es erst 812 zum Ausgleich kam.

Universal-Lexikon. 2012.

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